Seite 19 - RLB Geschäftsbericht 2012

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Interview Dr. Hannes Schmid und Dir. Mag. Perkounigg
„Gerade in Krisen-
zeiten ist Vertrauen
eine Währung, die
durch nichts
aufzuwiegen ist.“
Dr. Hannes Schmid
Dr. Hannes Schmid
wir aber sagen, dass alle Anforderungen nicht zuletzt aufgrund des
Raiffeisenverbundes und Raiffeisen-Netzwerks gemeistert werden
konnten. Ich bin sicher, dass wir alle Herausforderungen bewälti-
gen können und unsere Struktur aufrechtbleibt.
Dass Raiffeisenbanken zusammengehen und stärker als bisher ko-
operieren, ist natürlich möglich. Es wird aber auch künftig nicht nur
ein einziges Institut geben. Denn damit würde der große Vorteil un-
seres Genossenschaftsgedankens verloren gehen und wir würden
auswechselbar.
2012 war das Jahr der Genossenschaften. In Zeiten der
Gewinnmaximierung könnte man meinen, diese Gesell-
schaftsform sei überholt. Raiffeisen hat aber die Wirt-
schaftskrise am besten überstanden. Warum?
Dir. Perkounigg:
Die Situation seit dem Jahr 2008 hat gezeigt,
dass die bis dorthin von vielen eher als altmodisch angesehe-
ne Struktur einer Genossenschaft wieder an Wert gewinnt: Mit
Einrichtungen zu arbeiten, die vertraut sind, mit Leuten, die man
kennt, weil sie im Ort verwurzelt sind, ist plötzlich wieder höchst
modern.
Durch die Struktur von Raiffeisen sind viele unserer Kunden
gleichzeitig Eigentümer der Bank und haben im Rahmen des
demokratischen Aufbaus der Genossenschaft ein entsprechen-
des Mitbestimmungsrecht – vor allem was die Auswahl der
Funktionäre und damit die Führung und Ausrichtung betrifft.
Die Unternehmensform der Genossenschaft ist im Grunde die
Reinform der Transparenz.
2013 feiern die Tiroler Raiffeisenbanken das Jubiläum
„125 Jahre Raiffeisen in Tirol“. Was ist vom einstigen
Gründungsauftrag geblieben?
Dr. Schmid:
Grundsätzlich ist der Gründungsauftrag unverändert
geblieben. Er hat auch nach 125 Jahren noch seine Berechtigung,
sonst würde es uns nicht mehr geben. Wesentliches Element war
und ist die Hilfe zur Selbsthilfe: Die Gemeinschaft ermöglicht Din-
ge, die ein Einzelner nicht schaffen kann.
Bei uns steht im Sinne des Gründungsauftrages nicht die Maximie-
rung des Gewinns im Vordergrund. Vielmehr stellen wir die Bedürf-
nisse unserer Mitglieder und Kunden in den Mittelpunkt.
Das unterscheidet uns ganz massiv von den Konzerneinheiten auf
europäischer Ebene, die an der Börse notieren und jedes kleine
Geschäft für sich optimieren müssen.
Geblieben sind natürlich auch die solidarische Verpflichtung und
das demokratische Entscheidungsprinzip. Das wesentliche Ele-
ment aus unserem Gründungsauftrag ist jedoch die Selbstverant-
wortung und -verwaltung. Wir sind nach wie vor vor Ort als Un-
ternehmer tätig, samt eigener Verwaltung, eigenen Mitarbeitern,
eigenen Bilanzen und eigener Risikoverantwortung. Natürlich ha-
ben sich diese Dinge im Laufe der Zeit durch den Wettbewerb wei-
terentwickelt, es haben sich größere Genossenschaften gebildet
oder mehrere zu einer zusammengefunden. Trotzdem sind die
Grundprinzipien geblieben.
Hat Raiffeisen Ihrer Meinung nach das Potenzial, noch
weitere 125 Jahre am Markt zu bestehen? Und wie, den-
ken Sie, wird sich das Bankgeschäft der Zukunft darstel-
len? Hat das Geschäftsmodell der persönlichen Beratung
in Zeiten der „Generation Internet“ noch Zukunft?
Dr. Schmid:
Ich sehe die Zukunft sehr optimistisch, wenngleich wir
in der Finanzdienstleistungsbranche die größten Veränderungen
aller Branchen in den nächsten fünf Jahren erleben werden. Die
Veränderungen in der Produktpalette und dazu Nicht-Banken, die
bankähnliche Dienstleistungen anbieten, werden ein Wettbewerbs-
umfeld schaffen, in dem das klassische Kundengeschäft der Ban-
ken immer mehr hinterfragt wird.
Raiffeisen ist jedoch schon immer auf dieses Kundengeschäft spe-
zialisiert und kennt die Bedürfnisse der Kunden. Deshalb bin ich si-
cher, dass wir auch in Zukunft erfolgreich bleiben.
Freilich müssen wir uns immer nach vorne orientieren. Der Schlüs-
sel für den zukünftigen Erfolg liegt in Kooperation und Kostenre-
duktion innerhalb der Gruppe, in unseren Qualitäten sowie bei den
kompetenten Mitarbeitern und Geschäftsleitern. Durch eine lang-