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Wirtschaftsinformation der Tiroler Raiffeisenbanken
Raiffeisen kompakt 03/2012
„Die größerenWachstumschancen für den
Tiroler Tourismus liegen imSommer“
Josef Margreiter, Direktor der Tirol Werbung, über den viel beachteten Auftritt Tirols bei den Olympischen Spielen in London,
die Bedeutung des Sommertourismus und das Match „Auslastung mal Preis“.
H
err Margreiter, welche Ein-
drücke haben Sie aus London
mitgenommen?
Josef Margreiter: London 2012
hat in jeder Hinsicht wirklich „State of the
Art“ geboten, es waren großartige Spiele.
Dass wir in diesem Rahmen Tirol und Ös-
terreich repräsentieren konnten, macht uns
in der Tirol Werbung natürlich stolz. Zumal
die Resonanz beimPublikumäußerst positiv
ausgefallen ist.
Wie lautete das Kalkül der Tirol Werbung
und ist die Rechnung aufgegangen?
Wir haben unsere Ziele nicht nur erreicht,
sondern sogar übertroffen. Markenstrate-
gisch war es uns ein Anliegen, das Sportland
Tirol noch engermit den olympischenRingen
zu verbinden – die Kombination Olympia-
Österreich-Tirol ist voll aufgegangen. Medi-
al konnten wir mit starken Geschichten wie
dem Snowday oder der Charity-Radtour von
Innsbruck nach London bei hunderten TV-
Stationen weltweit punkten. In Sachen Net-
working wurden nicht nur alle wichtigen
touristischen Geschäftspartnerschaften ak-
tiviert und ausgebaut, sondern auch Wirt-
schaftskontakte. Und nicht zuletzt waren
wir auch beim Publikum, dem potenziellen
Urlaubsgast, erfolgreich. Bei über 500.000
Sichtkontakten mit unserem „Alpine Gar-
den“ und rund 40.000 gezählten Gästen im
Austria House Tirol – und ohne die stren-
gen Sicherheitskontrollen wären es noch
viel mehr gewesen – wurden unsere Erwar-
tungen ebenfalls übertroffen.
Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?
Wir hatten zum einen mit unserem „Aus-
tria House Tirol & Alpine Garden“ sicher ei-
nen der besten Standorte aller olympischen
Hospitality-Angebote, zudem genießen Ös-
terreich und Tirol hohe Sympathie. Zum an-
deren ist aber wirklich der Funke der Tiroler
Gastfreundschaft übergesprungen. Ab dem
dritten, vierten Tag bildete sich ständig ei-
ne 50Meter lange SchlangemitWartezeiten
von ein bis zwei Stunden – und das, obwohl
die Gäste sich alle Getränke, den guten Ap-
felstrudel, Kaiserschmarrn und so weiter
selbst bezahlen mussten.
Tirol hat sich erstmals für einen Auftritt
bei einemSommergroßereignis entschie-
den. Ein Hinweis für dieWichtigkeit der
Sommersaison?
Auch am englischen Markt besteht für den
Tiroler Bergsommer noch sehr viel Poten-
zial. Der britische Sommertourismus war
schon einmal doppelt so stark. Nur ist das
klassische Wanderangebot mit seinem Pu-
blikum in die Jahre gekommen. Es war
deshalb höchste Zeit, sich in diesem sport-
begeisterten Land mit einem kräftigen Le-
benszeichen als sportliche Sommerdestina-
tion zu präsentieren. Klar ist: Die größeren
Wachstumschancen für den Tiroler Touris-
mus liegen imSommer. DerWinter ist unbe-
stritten sehr gut aufgestellt und wertschöp-
fungsstark – hier geht es aber vor allem
darum, das hohe Niveau zu halten.
Die Tirol Werbung unternimmt einiges, um
den Sommertourismus in Tirol zu forcie-
ren. Ist man imLand noch zu sehr auf den
Winter fixiert?
Das Chancenbewusstsein und die Bereit-
schaft zur Förderung des Sommergeschäfts
sind in den letzten Jahren deutlich gestie-
gen. Ein gutes Beispiel dafür liefern endlich
auch die Bergbahnen, die in der Entwick-
lung des Bergsommerangebotes wichtige
und sehr erfolgreiche Initiativen gesetzt ha-
ben. Generell ist auf betrieblicher Ebene ei-
ne Offensive zur Angebotsverbesserung und
-innovation im Gange. Es dauert aber seine
Zeit, bis man in denMärktenmit der Attrak-
tivität seines neuen Angebots auch durch-
dringt und sich neu positioniert.
Welche wirtschaftliche Entwicklung halten
Sie in den nächsten Jahren für realistisch?
Das Match heißt immer: Auslastung mal
Preis. Auf beiden Seiten haben wir im Som-
„Das Chancenbewusstsein und die
Bereitschaft zur Förderung des Sommer­geschäfts
sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen.“
Josef Margreiter, Direktor der Tirol Werbung
mer deutliche Wachstumspotenziale. Vor
demHintergrund labiler Wirtschaftslagen –
vor allemauf unseren Kernmärkten in Euro-
pa – muss man allerdings sicher vorsichtiger
sein, was das Preisentwicklungspotenzial
anbelangt. Aber auch hier wäre ich selbst-
bewusster, denn es demonstrieren genug
Betriebe im Land eindrucksvoll, wie man
im Sommer selbst eine Preissteigerung von
20, 30 Prozent und höher schaffen kann. Bei
der Auslastung ist zweifellos noch sehr viel
mehr möglich – vorausgesetzt, es gibt eine
professionelle Vermarktung und das Ange-
bot nimmt auf denTrend zumauthentischen,
naturnahen Urlaub mit trotzdem viel Kom-
fort Rücksicht.
DieWirtschaftslage in Europa bereitet
auch heimischen Touristikern Kopfzerbre-
chen, insbesondere wennman derzeit nach
Italien schaut.
Regionen wie Seefeld, Osttirol, Kitzbühel
oder das Stubaital bekommen die Konsum-
krise in Italien diesen Sommer sicher stär-
ker zu spüren. Allerdings muss man sich
schon vor Augen halten, dass der italienische
Markt inTirol ingesamt 4Prozent ausmacht.
Der Südländer ist ein Gefühlsmensch und
neigt zur Überreaktion. Ich meine: Gerade
der für uns entscheidende oberitalienische
Markt könnte sich auch sehr schnell wieder
erholen und weiteres Wachstum erzielen. Es
gilt jetzt einfachGeduld zu haben und konse-
quent zu bleiben.
Wie war der Sommer bisher und mit
welchen Erwartungen gehen Sie in die
Wintersaison
?
Der Sommer, der im Mai gar nicht schlecht
gestartet ist, zeigt sich bisher gewohnt
durchwachsen, aber insgesamt mit großem
Potenzial. Fußball-EM, Olympia und eine
nicht optimale Wetterlage – es wird sicher
schwer, an die guten Vorjahresergebnisse
anzuschließen. Ich bleibe aber optimistisch
und hoffe auf einen starken Herbst. Um den
Winter wiederum braucht man sich noch
keine übertriebenen Sorgen zu machen. In
den Direktbuchermärkten lassen sich zwar
nur schwer Vorhersagen treffen, aber aus
Märkten wie England, wo die Reiseveran-
stalter eine Hauptrolle spielen, gibt es Si-
gnale, dass sich die Geschäfte kommende
Wintersaison auf einem Top-Niveau halten
bzw. da und dort noch ein leichtes Wachs-
tum möglich ist. Der dank seines Schnee­
reichtums hochattraktive letzte Winter
dürfte nebst allen Marketingaktionen die
besteWerbung gewesen sein.
Vielen Dank für das Gespräch.
Josef Margreiter steht seit mittlerweile 17
Jahren der Tirol Werbung als Geschäfts-
führer vor. Der gelernte Touristikkaufmann
ist verheiratet und hat vier Kinder.
„DerWinter ist unbestritten sehr gut aufgestellt
und wertschöpfungsstark – hier geht es aber vor
allemdarum, das hohe Niveau zu halten.“
Josef Margreiter, Direktor der Tirol Werbung
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