Seite 12 - Raiffeisen Magazin 2012

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Finanzielle Bildung
Jeder dritte Jugendliche macht Schulden.
Ein Gefühl für Zahlen und den bewussten Umgang mit Geld lernen
Tiroler Schüler seit Herbst im Unterricht. Damit am Ende des
Monats mehr Geld übrig bleibt.
Text: Jane Kathrein
D
er Burger: 2 Euro. Das Cola: 1
Euro. Die Pommes: 1 Euro. Vier
Euro für ein Essen, das nicht
lange satt hält. Der Besuch beim
Friseur, eine neue Jeans, Schulhefte, Kino
– der Würfel rollt, der Spieler zieht ein Feld
weiter und bezahlt für jeden Einkauf an
die Bank. „Die größten Ausgaben nehmen
die Kleinigkeiten ein“, stellen die Schüler
der zweiten Klasse an der HTL für Bau und
Kunst in Innsbruck nach einem durchge-
spielten Monat fest. Ein Budget von 350
Euro – am Monatsende ist bei den meisten
nichts mehr davon übrig.
Was nachMonopoly klingt, ist ein Plan-
spiel, in dem die Erfüllung jugendlicher
Konsumwünsche im Mittelpunkt steht:
das Mittagessen im Fastfood-Restaurant,
das neue Handy, ein Moped. Was ist ein
Bedürfnis? Was ein Wunsch? Was kann
ich mir leisten und wofür muss ich sparen?
Wirtschaftskunde zum Anfassen, als Teil
des Unterrichtsfaches „Geographie, Ge-
schichte und Politische Bildung“.
Jugendliche entwickeln dabei spiele-
risch ein Gefühl für Geld. Sie hinterfragen,
sie diskutieren, sie finden zu Antworten.
„Auch wenn ich in meinemLeben für ande-
re Dinge Geld ausgebe als in diesem Spiel,
war es interessant zu sehen, dass am Ende
des Geldes mehr Monat übrig bleibt“, stellt
Maria mit einem Augenzwinkern fest.
Jetzt könne sie leichter nachvollziehen,
warum junge Menschen in die Schulden-
falle tappen.
Schuldenmacher werden jünger
Zwei von drei Jugendlichen können gut
mit ihren Finanzen umgehen, berichtet
die Tiroler Schuldnerberatung. Sie spa-
ren etwa von ihrem Lehrlingseinkommen
Monat für Monat sogar Beiträge an. Bei ei-
nem Drittel bleibt hingegen nie Geld über,
viele sind bereits bei Freunden und Eltern
verschuldet. Besorgnis erregend auch: Die
Schuldenmacher werden immer jünger.
Umso wichtiger sei daher eine frühe Be-
wusstseinsbildung, die mit dem ersten Ta-
schengeld beginnt, das freilich nach den
finanziellen Möglichkeiten der Eltern un-
terschiedlich hoch ausfällt. Klar ist aber:
Wer regelmäßig über einen bestimmten
Geldbetrag selbstständig verfügen kann,
lernt sich diesen einzuteilen.
Mehr Geld zur Verfügung zu haben,
bedeutet aber nicht gleichzeitig bewusster
damit umzugehen. Denn das hängt auch
sehr stark von ihren Werten und Grund-
einstellungen ab. „Politische Bildung be-
inhaltet auch die Betrachtung der eigenen
Lebenssituation“, erklärt Michael Schern-
thaner, Lehrer an der HTL für Bau und
Kunst in Innsbruck. Was passiert, wenn
ich mich verschulde – an dieser Frage wird
er im Wirtschaftsunterricht andocken.
„Es ist bereits viel Grundlagenwissen bei
den Schülern vorhanden. Der Input könnte
für diese Altersgruppe also durchaus noch
anspruchsvoller sein“, zieht er eine ers-
te Bilanz. Das Spiel war nur ein Teil eines
Unterrichtsschwerpunktes mit dem The-
© Michael Rathmayr (alle)
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