T
racht – das Wort kommt aus dem
althochdeutschen und bedeutet
„das Getragene“ – ist ein Begriff,
der bei vielen Menschen reich be-
bilderte Assoziationen weckt. Lederhosen
und Dirndln tummeln sich vor dem inne-
ren Auge, zur Tracht im eigentlichen Sinn
gehören sie aber nur bedingt. Die Tracht
war in Tirol bis zu den Befreiungskriegen
gegen bayerische und napoleonische Trup-
pen im frühen 19. Jahrhundert einfach das,
was die ländliche Bevölkerung trug: Werk-
tagstracht im Alltag, Feiertagstracht zu
Sonn- und Feiertagen und Festtagstracht
bei Hochzeiten oder Beerdigungen.
Der Freiheitskampf machte es notwen-
dig, sich zu uniformieren, um dem Feind
als Soldat erkennbar zu sein und im Falle
eines verlorenen Gefechtes nicht ermordet,
sondern in Kriegsgefangenschaft genom-
men zu werden. Die Tracht bekam damit
eine Zusatzfunktion als Uniform. Um den
Wechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert –
zum Hundertjahrjubiläum des Freiheits-
kampfes – wurden dann besonders viele
Schützenkompanien, Musikkapellen und
Trachtengruppen gegründet, allerdings in
vielen Fällen ohne den Anspruch auf histo-
rische Genauigkeit oder Ursprünglichkeit.
Nach der Nazizeit war die Tracht lange
verschwunden, wollte man sich doch ange-
sichts der jüngsten Geschehnisse von allem
fernhalten, was Uniformität und übermäßi-
ge Heimatverbundenheit ausdrücken hätte
können. Über den Tourismus und die vielzi-
tierten Tirolerabende hielt sich das traditi-
onelle Kleidungsstück aber amLeben.
Seit einigen Jahren nimmt das Interes-
se anderTrachtwieder stark zu. Zahlreiche
Volkskundler setzen sich intensiv mit dem
Thema auseinander. Die Ergebnisse die-
ser Forschungen will sich auch der Tiroler
Landestrachtenverband – die Dachorgani-
sation der vier Bezirksverbände und ihrer
über hundert Mitgliedsvereine – zu Nutze
machen, um die Tracht in ihrer ursprüng-
lichen Form als Alltagskleidung wieder zu
etablieren.
Dresscode Tracht
Sie ist in traditioneller Hinsicht das klassische Kleidungsstück in unseren Breiten – die Tracht.
Das kleidsame Gewand hat den Tirolerabend hinter sich gelassen und ist jetzt dabei, sich
den Alltag Stück für Stück zurückzuerobern.
Text: Florian Pranger
Trachten in Tirol
Eine grobe Einteilung der Trachten in Tirol
kann nach Talschaften bzw. alten Gerichts-
bezirken vorgenommen werden.
Im Unterland lassen sich der braune Rock
für den Mann und der rote Leib für die
Frau als generelles Merkmal hervorheben.
Ausnahmen bestätigen aber auch hier die
Regel – so kennt man blau als dominieren-
de Farbe im Alpbachtal, grün hingegen im
Achental. Auffällig ist auch eine weiche,
geschwungene Stickereistruktur.
Die Talschaft Inntal Mitte kennt ebenso
einen braunen Rock für den Mann, die
Frauentracht wird in dieser Region aller-
dings von blau dominiert. Im Raum des
alten Gerichtsbezirkes Thaur wiederum gilt
der blaue Männerrock.
Das untere Oberinntal ist trachtenmäßig
ein Überschneidungsbereich. Die Frauen-
tracht hat sich im Laufe der historischen
Entwicklungen mit dem Wipptal, der Tracht
der Gerichtsbezirke Thaur und Rettenberg
zur heutigen Innsbrucker Tracht entwickelt.
Bei der Wahl der Stofffarbe für den Leib
wird der Trägerin auch von Landesver-
bandsseite empfohlen, aus allen dafür
vorgesehen Möglichkeiten zu wählen, um
die Individualität des Erscheinungsbildes
der Dame auszuschöpfen.
Das restliche Oberland ist stark in Täler
gegliedert und gleiches gilt dementspre-
chend für die Trachten. So findet man
beispielsweise im Lechtal eine vorwiegend
alemannisch beeinflusste, prächtige Tracht
mit dunklem Leib, viel Gold und einem
blauen Janker für den Mann.
In Osttirol sind blau und braun die bestim-
menden Farben, eine Ausnahme bildet
das Osttiroler Pustertal, wo der Leib der
Frauentracht in rot und grün gehalten ist.
Das volkskulturelle
Leistungsabzeichen
Das volkskulturelle Leistungsabzeichen
umfasst neben dem Themengebiet Tracht
auch die Bereiche Volkstanz, Brauchtum
sowie Haus- und Hoflandschaft und Wohn-
kultur. Auf dem Trachtensektor reichen
die Anforderungen an die Prüflinge vom
Beschreiben der grundlegenden Trachten-
merkmale auf der Bronzestufe über das Er-
kennen und Erklären der Trachten aus dem
eigenen Ort für das Silberabzeichen bis hin
zum Benennen und detaillierten Darlegen
von aus einer achtzig Stück umfassenden
Sammlung per Los ausgewählten Trachten,
wenn es um das goldene Leistungsabzei-
chen geht.
www.landestrachtenverband.at
1
Mitglieder des Trachtenvereins Finkenberger aus Innsbruck/Arzl mit der festtäglichen Version einer an die Wipptaler
Form angelehnten Tracht •
2
Jugendliche mit dem „Band‘lbaum“ beim Landesfestumzug 2009 •
3
Herr: erneuerte
Tracht aus Thiersee mit Langhose, Dame: typisches Unterländer Kassettl •
4
Festliche Tracht aus dem Lechtal •
5
Marketenderinnentracht des Trachtenvereins Sautens •
6
Mitglieder des Trachtenvereins Almrausch-Sölleite aus Schwaz
in Vereinstracht
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© tiroler trachtenverband (6)
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