Seite 28-29 - Raiffeisen Magazin

Basic HTML-Version

noch anständig präpariert werden, die Bob-
bahn Iglswurdemit 20.000Eisblöcken ver-
sorgt. Dank dieser Maßnahmen gingen die
Winterspiele, die als erste die Marke von
1000 Teilnehmern überschritten, wie vor-
gesehen über die Bühne. 34 Medaillenent-
scheidungen in sechs Sportarten wurden
ausgetragen, darunter feierten die Rodler
mit denBewerben imEin- undDoppelsitzer
olympische Premiere.
Josef Feistmantl war also erster Olym-
piasieger im Doppelsitzer – aufgrund des
akuten Schneemangels wäre dieser Tri-
umph aber fast ins Wasser gefallen. „Die
Doppelsitzer hätte es fast erwischt, wir
haben schon mit einer Absage gerechnet.
Aber man hat sich entschieden, das Ren-
nen durchzupeitschen, wegen der warmen
Temperaturen jedoch um sieben Uhr Früh
und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Um acht Uhr waren wir schon Olympia-
sieger“, schmunzelt Feistmantl. Nicht nur
wegen seiner Goldfahrt hat er die ersten
Winterspiele auf Innsbrucker Boden in
bester Erinnerung. „Alles lief sehr familiär
ab, die Begeisterung innerhalb der Bevölke-
rung war groß und wir hatten viel Kontakt
zu anderen Sportlern. Bis auf einige Ski-
fahrer waren ja allesamt reine Amateure.
Wir mussten uns für die Dauer der Spiele
Urlaub nehmen“, erzählt der inzwischen in
den Ruhestand getretene Optikermeister.
Österreich brachte bei den sehr erfolgrei-
chen Winterspielen 1964 noch in drei wei-
teren Wettbewerben Olympiasieger her-
vor, im Medaillenspiegel belegte man mit
zwölfmal Edelmetall Rang zwei.
Zweiter Anlauf
1976 lief es für die Gastgebernation weni-
ger rund – lediglich sechs Medaillen wur-
den den Ansprüchen nicht ganz gerecht.
H
err Dr. Stoss, die Olympischen Jug-
endspiele gelten als Prestigeprojekt
für das Internationale Olympische
Komitee (IOC). Worin sehen Sie die Gründe,
die für die Austragung von Jugendspielen
sprechen?
Dr. Karl Stoss:
Natürlich stellt sich
die Frage, welche Intention dahinter steckt
und ob man eine neue olympische Veran-
staltung braucht. Ich jedenfalls bin über-
zeugt, dass es seitens des IOC ein Schritt in
die richtigeRichtung ist. Für junge Sportle-
rinnenundSportler ist es sinnvoll, wenn sie
über einen längeren Zeitraum gemeinsam
leben und trainieren können. Und dassman
die Chance hat, mit so vielenMenschen aus
anderen Ländern nahe zusammenzuleben
und sich auszutauschen, ist eine unschätz-
bare Erfahrung fürs Leben. Die Welt des
Jugendsports rückt für einige Tage nahe
zusammen. Die jungen Sportlerinnen und
Sportler werden damit im Sinne der Olym-
pischen Bewegung auch Botschafter ihres
Landes und ihrer Sportart.
Was erwarten Sie sich von den erstenOlym-
pischen Jugend-Winterspielen, die imJän-
ner 2012 in Innsbruck stattfindenwerden?
Österreich hat erstmals in der Geschich-
te der Olympischen Bewegung die Jugend
dieser Welt zu Gast. Dies ist sicherlich eine
große Herausforderung, aber auch eine im-
mense Chance für den Sport und für die
Wirtschaft, namentlich den Fremdenver-
kehr – ist doch die Zielgruppe entscheidend
jünger als bei sonstigen Sportgroßveran-
staltungen und auch die Möglichkeiten der
Kommunikationmit der Nutzung verschie-
dener Medien wie YouTube oder Facebook
spielen dabei eine große Rolle.
Wie können die Region, das Land und der
österreichische Sport davon profitieren?
Wie unzählige Studien belegen, sind die
ökonomischen
Nachwirkungen
einer
sportlichen Großveranstaltung für eine
Region und für ein Land immens. Der Nut-
zen und die Vorteile sind nicht nur im öko-
nomischen Effekt zu finden, sondern erfah-
ren auch imTourismus, in der verbesserten
Infrastruktur, in der Förderung kultureller
Werte und Traditionen, in der Wahrneh-
mung der lokalen Identität sowie einem ge-
steigerten internationalen Ansehen ihren
positiven Niederschlag.
Events wie die ersten Olympischen
Jugend-Winterspiele können zudem imBe-
reich des Sports zu neuen Anreizen führen
– etwa in der Entwicklung neuer Sportar-
ten und Disziplinen, aber auch Antrieb zur
regelmäßigen Sportausübungen jedes Ein-
zelnen geben.
Was waren die prägendsten Eindrücke,
die Sie vergangenes Jahr aus den ersten
Jugend-Sommerspielen in Singapur
mitgenommen haben?
Die Innovation der Olympischen Jugend-
spiele 2010 in Singapur war ein großer
Erfolg. Das Team Austria war in Singapur
mit zehn Sportlerinnen und sechs Sport-
lern in zwölf Sportarten vertreten und mit
sechs Medaillen und zahlreichen Top-Plat-
zierungen kann der österreichische Sport
wirklich mehr als zufrieden sein. Die ös-
terreichische Delegation machte mit ihrem
freundlichen, begeisterten und diszipli-
niertenAuftreten ausgezeichneteWerbung
für unser Land.
WelchesPotenzial steckt inderartigenSpielen?
Olympische Jugendspiele setzen neben der
sportlichen Herausforderung vor allem auf
persönlichkeitsbildende Kräfte und inter-
kulturelle Begegnung. Das Konzept und
somit auch das Potenzial stecken in der
spannenden Kombination aus sportlichen,
pädagogischen und kulturellen Inhalten.
Im Mittelpunkt stehen dabei neben tradi-
tionellen und innovativen Sportformaten
auch zahlreiche Informationsangebote,
Workshops oder Chat-Rooms.
Sie haben in Innsbruck Ihr BWL-Studium
absolviert. Welche Verbindung haben Sie zu
dieser Stadt?
Eine sehr, sehr positive. Ich habe während
meiner Bundesheer- und Studienzeit mit
demTWV Innsbruck auch in der Staatsliga
Wasserball gespielt und viele sportbegeis-
terte Freunde gefunden.
Haben Sie besondere Erinnerungen an die
beiden bisherigenWinterspiele in Inns-
bruck 1964 bzw. 1976?
Als jungen Volksschüler haben mich die
OlympischenWinterspiele 1964 sehr begeis-
tert, vor allem der Abfahrtsolympiasieg des
Vorarlbergers EgonZimmermann. 1976 habe
ich dann die Gelegenheit wahrgenommen
und einzelneWettbewerbe selbst besucht.
Sie sind seit Ende 2009 Präsident des ÖOC.
Welche Bilanz ziehen Sie aus Ihrer bisheri-
gen Amtszeit und was erhoffen Sie sich für
die Zukunft?
Ein bedeutender Schwerpunkt unserer
Tätigkeit lag vor allem in der Neustruktu-
rierung und Ausrichtung des ÖOC. ImMit-
telpunkt stand für uns dabei vor allem die
organisatorische und inhaltliche Ausge-
staltung einer zukünftigen neuen Führung
und Kontrolle im ÖOC. Mit der Einsetzung
eines neuen Präsidiums, Vorstandes und
seit Juni 2010 eines neuen Generalsekre-
tärs haben wir das Gesicht des ÖOC grund-
legend verändert und erneuert. Als beson-
dere Auszeichnung für das ÖOC möchte
ich an dieser Stelle noch die Vergabe des
„XII. Europäischen Olympischen Winter-
Jugendfestivals 2015“ an Liechtenstein
und Vorarlberg erwähnen. Nach Innsbruck
2012 ist dies ein weiterer Meilenstein in
der Geschichte der Olympischen Bewegung
in Österreich.
Vielen Dank für das Gespräch.
„Schritt in
die richtige
Richtung“
Seit eineinhalb Jahren ist
Dr. Karl Stoss Präsident des
Österreichisches Olympisches
Comités. Im Interview spricht
der Vorarlberger über Hinter-
gründe und Erwartungen der
Olympischen Jugendspiele.
Zur Person
Der Sport ist seit jeher ein
Steckenpferd des Vorarlber-
ger Topmanagers Dr. Karl
Stoss. In seinen Jugendjahren
war der 1956 in Dornbirn
geborene Stoss ein durchaus
erfolgreicher Schwimmer
und Wasserballer, heute
zählt Extrembergsteigen zu
den Hobbys des dreifachen
Familienvaters. Sein BWL-
Studium absolvierte er an der
Universität Innsbruck, wo er
nach seiner Promotion 1986
auch als Lehrbeauftragter
fungierte. Stoss war bereits
in mehreren heimischen
Unternehmen als Führungs-
kraft tätig, unter anderem saß
er im Vorstand der Raiffeisen
Zentralbank AG. Seit 2007 ist
Dr. Karl Stoss Generaldirek-
tor der Casinos Austria AG,
im Oktober 2009 wurde er
zum Präsidenten des ÖOC
gewählt.
„Das Konzept und somit auch das Potenzial
der YOG 2012 stecken in der spannenden
Kombination aus sportlichen, pädagogi-
schen und kulturellen Inhalten. “
Ein historischer Moment: Rodel-
Olympiasieger Josef Feistmantl
entzündete 1976 das olympische
Feuer in Innsbruck.
© Imago Sportfotodienst, Archiv Raiffeisen (2), yog 2012
© casinos austria
Das Giebelkreuz auf der 76er-Fahrzeugflotte
Olympia-Maskottchen in der Innsbrucker Altstadt
28
29