Seite 26-27 - Raiffeisen Magazin

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er 5. Februar 1976 war kein Tag
wie jeder andere – zumindest
nicht in Österreich. Denn die-
ser Donnerstag vor 35 Jahren
ist heute noch in vielen Köpfen mit einem
sportgeschichtlich höchst freudigen Ereig-
nis verbunden. Eswar einer jenerMomente,
der eine ganze Nation in seinen Bann zieht
und für kurze Zeit zu vereinen vermag.
Alle rot-weiß-roten Daumen waren ge-
drückt, als sich Franz Klammer am frühen
Nachmittag den Patscherkofel nach unten
stürzte – und als der 22-jährige Kärntner
mit seinem legendären Ritt über den Inns-
brucker Hausberg auch noch Olympiagold
für Österreich holte, verfiel das Land in
kollektiven Freudentaumel. Obwohl die
XII. Olympischen Winterspiele danach
noch zehn Tage andauern sollten, war das
Highlight aus heimischer Sicht bereits
geschehen. Und derart ekstatisch wie an
jenem 5. Februar 1976 wurden auch in den
Jahrzehnten danachwohl nur mehr wenige
sportliche Höhepunkte in der Alpenrepub-
lik gefeiert.
Bewegender Moment
Josef Feistmantl hingegen hatte das große
Nervenflattern bereits mehrere Stunden
vor Klammers Sternstunde verspürt. Der
damals 36-jährige Tiroler war eigentlich
schon ein Olympia-Haudegen und es war
auch keine sportliche Herausforderung, die
ihm Kopfzerbrechen bereitete – vielmehr
die ihm zugetragene ehrenvolle Aufgabe,
die er fehlerfrei bewältigenwollte. 1964, bei
den ersten Olympischen Winterspielen in
Innsbruck hatte der junge, unbekümmerte
Feistmantl im Rodel-Doppelsitzer mit sei-
nem Salzburger Partner Manfred Stengl
die Goldmedaille erobert. Später wurde er
zudem noch Europameister im Doppelsit-
zer undWeltmeister imEinsitzer.
All diese sportlichen Erfolge traten
allerdings am 4. Februar 1976 in den Hin-
tergrund. Josef Feistmantl war vor den
Winterspielen zusammen mit der früheren
Skirennläuferin Christl Haas dazu auser-
korenworden, amEröffnungstag das Olym-
pische Feuer am Bergisel zu entzünden. Ei-
ner der bedeutendsten und aufregendsten
Tage seines Lebens, wie der mittlerweile
72-Jährige betont: „Eswar eine große Ehre,
die Flamme entzünden zu dürfen. Dieses
Erlebnis überstrahlt sogar denOlympiasieg
von 1964.“ 600 Millionen Fernsehzuschau-
er auf der ganzenWelt sahen Feistmantl zu,
als er mit der Fackel in der Hand die Stufen
im bis auf den letzten Platz gefüllten Bergi-
sel Stadion nach oben lief, um die Olympi-
schen Spielemit der traditionellen Zeremo-
nie zu eröffnen.
Dass dabei letztlich alles perfekt ablief,
bezeichnet Feistmantl heute als glückliche
Fügung – immerhinwar das Entzünden des
Feuers vor Beginn der Spiele kein einziges
Mal trainiert worden: „Ich wurde kurz vor
der Eröffnung vom Goldenen Dachl hinauf
zum Bergisel chauffiert. Zuerst hieß es, ich
solle die Stufen langsam hinaufgehen – als
man aber bemerkte, dass man so die vorge-
sehene Zeit nicht einhalten könnte, bekam
ich die Anweisung zu laufen. Das war schon
recht anstrengend und ich war froh, dass
ich nicht gestolpert bin“. Ein wenig außer
Atem errichte Feistmantl schließlich sein
Ziel – und sorgte kurze Zeit darauf für ei-
nen bewegenden Augenblick. Er entzünde-
te das Feuer für 1976 – Christl Haas danach
noch ein zweites für die Spiele von 1964.
Olympia zu Gast
Das erste Mal brannte die Flamme hinge-
gen schon vor 47 Jahren in Innsbruck. Die
Winterspiele von 1964 waren die neunten
in der olympischen Historie und fanden
ihren Platz in den Geschichtsbüchern als
„Spiele ohne Schnee“. Ungewöhnlich mil-
des Wetter machte den Organisatoren zu
schaffen, knapp zwei Monate lang waren
keine Flocken vom Himmel gefallen. So
musste das Bundesheer ausrücken, um
über 25.000 Tonnen Schnee aus den Hoch-
alpen ins Inntal zu transportieren. Damit
konnten die alpinen Skistrecken am Pat-
scherkofel und in der Axamer Lizum doch
Die Rückkehr der Ringe
Nach 36-jähriger Absenz brennt im Jänner 2012 wieder das olympische Feuer in Innsbruck.
Die ersten Olympischen Jugend-Winterspiele der Geschichte werden über 1000 junge Athleten
nach Tirol führen. Ein Rück- und Ausblick.
Text: Daniel Naschberger
© yog 2012
Kommendes Jahr erobern
Jugendliche aus aller Welt Tirols
olympische Austragungsstätten.
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