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s war vor rund 17 Jahren, als der
junge Tiroler Benedikt Zecha in
Frankreich auf das Wirken des ka-
tholischen Priesters Abbé Pierre
stieß. Die Idee eines zweiten, selbstregu-
liertenWohnungs- und Arbeitsmarktes ge-
fiel Zecha auf Anhieb: „Ich habe damals in
der Teestube gearbeitet und dachte mir, ge-
nau das bräuchten unsere Suchtpatienten.
Dass man sie einmal rausnimmt aus die-
semTeufelskreis. Dass man sie weg von der
Straße, weg von der Sillschlucht und statt-
dessen in eine normale Umgebung bringt
– in Kombination mit einer Arbeit, um
auch das Selbstbewusstsein der Leute zu
stärken.“ Heute blickt der Verein Emmaus
Innsbruck bereits auf dreizehn erfolgrei-
che Jahre zurück. Und Benedikt Zecha ist
der Geschäftsführer dieser einzigartigen
Einrichtung, die mittlerweile aus vielen
Gärten und Wohnungen im Raum Inns-
bruck nicht mehr wegzudenken ist.
Gemeinsam durchschlagen
Die Geschichte der Emmaus-Bewegung
beginnt im Jahr 1949 in Frankreich. Abbé
Pierre, der sich als Mitglied der Resistance
während des Zweiten Weltkrieges sowie
als Helfer von Juden auf der Flucht einen
Namen gemacht hatte, gründet die erste
Emmaus-Gemeinschaft. Die Idee dahinter:
Menschen, die am Rande oder außerhalb
der Gesellschaft ihr Dasein fristen, finden
sich zu Zweckgemeinschaften zusammen,
um sich so durchzuschlagen. Jede Em-
maus-Gruppe arbeitet selbstständig und
unabhängig. Diese Gemeinschaften finan-
zieren sich über den Verkauf gebrauchter
Möbel oder Kleidung. Man lebt und arbeitet
gemeinsam. Dabei führen leitende Mitar-
beiter die anderen an. Ziel ist es, den Men-
schen über die Arbeit denWeg zurück in ein
geregeltes Leben zu weisen.
Allein in Frankreich gibt es heute hun-
derte solcher Emmaus-Gemeinschaften.
Weltweit ist die Bewegung in 36 Ländern
auf vier Kontinenten aktiv. Rund 310 Grup-
pen zählt die Emmaus-Gemeinschaft in-
ternational.
Der Innsbruck-Ableger der Emmaus-
Bewegung funktioniert zwar grundsätzlich
nach den genannten Prinzipien, dennoch
ist der Tiroler Verein nicht Mitglied der
internationalen Emmaus-Bewegung. Auch
hier gilt das Emmaus-Motto: Arbeit statt
Almosen. Doch die Innsbrucker „versto-
ßen“ gegen ein Grundprinzip von Emmaus,
nämlich den Verzicht auf jedwede staatli-
Arbeit statt Almosen
Der Innsbrucker Verein Emmaus ermöglicht suchtkranken Menschen einen Weg aus der Isolation,
um in der Gesellschaft wieder Fuß fassen zu können. Dank der Arbeit schöpfen Betroffene
Kraft und Selbstbewusstsein. Davon profitieren sie selbst und die Gesellschaft gleichermaßen.
Text: Steffen Arora
che Förderung. Warum das so ist, erklärt
Benedikt Zecha: „Anders als in Frankreich
existieren in Österreich Subventions-
möglichkeiten, die es uns erlauben, trotz
finanzieller Zuwendungen des Staates ei-
genständig zu arbeiten.“ Zudem hat sich
der Innsbrucker Emmaus-Verein auf den
Bereich Hilfe für Suchtkranke, insbeson-
dere Alkoholiker, spezialisiert, was ohne
Fördergelder so nicht möglich wäre. Denn
anders als etwa die Ur-Emmaus-Gemein-
schaften in Frankreich, bietet Emmaus
Innsbruck seinen Klienten die Möglichkeit
einer Fixanstellung. „Das bedeutet für die
Betroffenen eine ganz andere Qualität von
Arbeit“, erklärt Zecha, „weil sie dafür auch
einen ganz normalen Lohn und nicht nur
ein Taschengeld erhalten.“ Durch dieses
Modell haben die Emmaus-Klienten schon
während ihrer Zeit im Verein die Möglich-
keit, ihr Leben wieder zu ordnen. Vor allem
die Schuldenregulierung ist dabei oft The-
ma. „Würden sie bloß 150 Euro Taschen-
geld kriegen und bei uns wohnen, würde
das zwar fürs Überleben reichen, aber eine
Zukunft kann man darauf nicht aufbauen“,
so Zecha.
Arbeit, Wohnung, Gesundheit
Das Motto im Verein Emmaus lautet: „Ge-
meinsam leben – arbeiten – helfen“. Wer
nach dem Alkoholentzug bei Emmaus lan-
det, hatmeist drei großeProblemezubewäl-
tigen: eine Arbeit und eineWohnung finden
und gesundheitlich wieder auf die Beine
kommen. Emmaus bietet betreutes Woh-
nen in WGs, Arbeiten im vereinseigenen
Betrieb und Betreuung durch Fachperso-
nal. Allein im Vorjahr waren 30 Menschen
im Projekt beschäftigt, das eine Männer-
„Bei uns dürfen dieMenschenwieder
Wurzeln schlagen. Wir lassen ihnen durch
die langfristige Betreuung, die auf ein bis
zwei Jahre ausgelegt ist, auch die nötige
Zeit dazu.“
benedikt zecha, Geschäftsführer des Vereins Emmaus
Das Dienstleis-
tungsangebot
von Emmaus
Im Haus
• Bodenlegen
• Fliesenlegen
• Räumungen
• Sperrmüllentsorgung
• Kleine Abrissarbeiten
• Malerarbeiten
• Reinigungen (z. B. Stie-
genhaus)
• Haushaltshilfe
• Bügelservice
Im Garten
• Jäten, Laubrechen
• Mähen, Freischneiden
• Obstbaumschnitt
• Baumschnitt
• Abtransport und Entsor-
gung von Grünschnitt
• Einkäufe für Haus und
Garten
• Transporte von Humus
und Rindenmulch
Kontakt
Stadlweg 17
6020 Innsbruck
Tel. und Fax: 0512/26 17 67
emmaus-innsbruck@gmx.at
www.emmaus-innsbruck.at
Annahme von
Arbeitsaufträgen
Kurt Mairhofer
Telefon: 0650/261 76 72
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