Stichwort: Maastricht
Die Werthaltigkeit des Euro sollte durch die
Maastricht-Stabilitätskriterien gesichert
werden: Sie legen fest, unter welchen
Bedingungen ein Land am Euro-Raum
teilnehmen darf. Das jährliche Haushaltsde-
fizit eines Staates darf nicht mehr als drei
Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
betragen. Zudem dürfen sich die gesamten
öffentlichen Schulden nicht auf mehr als
60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
belaufen. Diese Kriterien werden seit der
Finanzkrise 2008/09 von den meisten
Euro-Ländern nicht mehr eingehalten.
Umso wichtiger war es, dass in praktisch
allen Euro-Staaten staatliche Sparpakete
geschnürt wurden. Diese Pakete so umzu-
setzen, dass sie nicht zu unzumutbaren so-
zialen Härten führen und gleichzeitig nicht
die Wirtschaft zu stark belasten, ist derzeit
die gefragte Staatskunst im Euro-Raum.
D
ie Geschichte lehrt: Dort, wo die
Währung unstabil ist, dort wo
ihr Wert sinkt, wird eine tödli-
che Spirale in Gang gesetzt, die
Volkswirtschaften völlig ruinieren und
vernichten kann, die Demokratien unter
Umständen stürzen lässt und direkt in
verheerende Kriege führen kann. Wenn
eine Währung an Wert verliert, dann kön-
nen sich die Bürger weniger Waren dafür
kaufen, sie erleiden einen stillen Vermö-
gensverlust. Wenn die Währung weiter an
Vertrauen verliert, kommt es in der Regel
zu einer riesigen Kapitalflucht. Die Bürger
wechseln die Landeswährung in starke
Währungen und bringen ihre Ersparnisse
ins Ausland, um sie gegen Wertverlust zu
schützen. Damit wird die Volkswirtschaft
schwer geschädigt.
Angebot und Nachfrage
Das alles ist umso wichtiger, als die Wäh-
rungen im Weltwährungssystem seit 40
Jahren je nach Angebot und Nachfrage im
Wert gegeneinander schwanken. Im Se-
kundentakt ändern sich an den Devisen-
börsen die Kurse.
Das bedeutet auch: Währungskurse
unterliegen den Entscheidungen großer
Spekulanten. Immer wieder sorgten in den
letzten Jahren Großinvestoren wie George
Soros für Alarmstimmung in Ländern mit
wenig stabiler Währung. Wenn die Soros-
Fonds auf sinkende Währungskurse setz-
ten, gerieten diese Währungen vielfach
unter Druck. Seit immer mehr auch mit
sogenannten Hebel-Instrumenten auf stei-
gende oder sinkende Kurse spekuliert wer-
den kann (d. h. mit relativ geringemEinsatz
hohe Summen bewegt werden), ist es gera-
de für kleine Länder sehr schwer möglich,
ihreWährungen gegen Spekulationswellen
zu schützen.
Welche Möglichkeiten aber hat ein
Land, seineWährung zu schützen?
• Indem die Notenbank des Landes fri-
sches Geld nicht zu leichtfertig an die Ge-
schäftsbanken des Landes vergibt (also
z. B. zu marktunüblich niedrigen Zinsen
verleiht). Denn Folge einer lockerenGeld-
schöpfung ist Inflation, und damit Geld-
entwertung bzw. Preissteigerung.
• Indem die Bürger, Unternehmer und der
Staat nicht zu viel im Ausland einkaufen,
weil man dafür Auslandswährung kaufen
(unddieeigeneWährungverkaufen)muss.
• Indem der Staat nicht zu hohe Schulden
macht und durch seine staatlichen, auf
Kredit finanzierten Ausgaben die Inflati-
on anheizt und das Geld damit entwertet.
Krisenfestes Image
Dennoch kann auch bei einer sehr guten und
verantwortungsvollen Geldpolitik eine Spe-
kulationswelle eine Währung hinwegfegen.
Wichtig ist es daher, dass eine Währung das
Image einer absolut krisenfesten Währung
hat (wie der Schweizer Franken) oder ein
Monopol (wie der US-Dollar im internati-
onalen Rohstoffgeschäft) oder dass sie in
einem größeren Währungsverbund einge-
bunden ist. Mit demEuro erfüllen 17 europä-
ische Staaten dieses Kriterium. Erfolgreich
gegendenEuro zu spekulieren, ist für globale
Investmenthäuser schwieriger als gegen die
Währung eines kleinen Landes.
Dass selbst der Euro nicht völlig gefeit
ist gegenSpekulation, haben die letztenMo-
nate gezeigt. Immerhin abermussman fest-
stellen: Der Euro hat sich gut gehalten, trotz
Griechenland-Krise, und steht heute gegen-
über dem US-Dollar deutlich besser da als
zu seinem Start im Jahr 2002. Damals war
ein Euro weniger als ein US-Dollar wert,
jetzt ist er ein gutes Drittel stärker.
Erfolgsgeschichte
Die Geschichte des Euro ist also durchaus
eine Erfolgsgeschichte. Der Bargeld-Euro
feiert heuer sein zehnjähriges Bestehen.
Erste Überlegungen zu einer einheitlichen
Währung gab es zwar bereits in den 1970er
Jahren und 1979 wurde auf Initiative des
deutschenBundeskanzlersHelmutSchmidt
und des französischen Staatspräsidenten
Valery Giscard d’Estaing schon das Euro-
päische Währungssystem (EWS) einge-
führt, das dieWechselkurse der EU-Länder
relativ eng aneinander band. Aber erst 1995
wurde der Name „Euro“ für die EU-Wäh-
rung vom EU-Rat festgelegt. 1999 wurde
der Euro als Buchgeld eingeführt. Überwei-
sungen zwischen den Mitgliedstaaten, aber
auch im Inland konnten seitdem in Euro
durchgeführt werden. Auch der Aktien-
handel wurde seitdem in Euro abgewickelt.
Gleichzeitig wurden die Umrechnungskur-
se unwiderruflich festgelegt.
Am 1. Jänner 2002 wurde der Euro
schließlich als Bargeld in Belgien, Deutsch-
land, Finnland, Frankreich, Griechenland,
Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlan-
den, Portugal, Spanien – und Österreich
eingeführt. Dieses Datum markiert den
Endpunkt eines langen Prozesses. Den-
noch gilt es als eigentlicher Starttermin der
neuenWährung. Inzwischen sind auch Slo-
wenien, Malta, Zypern, die Slowakei und
Estland Mitglieder im Euro-Raum. Damit
ist der Euro heute offizielles Zahlungsmit-
tel in 17 der 27 EU-Mitgliedstaaten.
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