Seite 36 - Raiffeisen Magazin 2012

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Das Wichtigste ist aber natürlich das
Euter. Immerhin gehören die Rinder der
Rasse Braunvieh an, die von den Bauern vor
allem wegen ihrer Milchleistung geschätzt
wird. 6.800 Liter Milch gibt eine gute Kuh
nach der Geburt ihres ersten Kalbes pro
Jahr. Die Zeitspanne wird in der Fachspra-
che als Standardlaktation bezeichnet und
umfasst 305 Tage im Jahr. Gibt sie keine
Milch, wird sie „Trockensteher“ genannt.
Der Körper des Tieres soll sich in dieser
sechs bis acht Wochen dauernden Phase
regenerieren. Mit der Geburt des nächsten
Kalbes beginnt auch die nächste Laktati-
onsperiode.
Wer zickt, verbaut sich Chancen
Die Beschaffenheit des Euters ist daher
auch das wichtigste Zuchtkriterium. Beim
Bewerb gibt es deshalb in jeder Runde eine
Gesamtsiegerin und eine „Eutersiegerin“.
Wer das weiß, wundert sich auch nicht über
kleine Menschengrüppchen aus Züchtern
und anderen Besuchern, die sich hinter den
Kühen versammeln und über ihre Euter
fachsimpeln, die zum Teil aussehen wie bis
kurz vormZerreißen aufgeblasene Gummi-
handschuhe. Und ebensowenig überrascht,
dass die drei Siegerinnen Maja, Jamaika
und Giselle amEnde des Abends von hinten
abgelichtet werden – immerhin sind alle
drei in ihren Gruppen auch zu Eutersie-
gerinnen gekürt worden. Ihre sekundären
Geschlechtsmerkmale dürften somit einen
wesentlichen Beitrag zum Triumph geleis-
tet haben.
Gilberta ist eigentlich eine erfahrene
Schaukuh, aber heute ist sie zappelig. And-
reas Schwemberger, ihr Besitzer, streichelt
ihr zur Beruhigung den Hals. Schwember-
ger trägt für die Präsentation eine weiße
Hose und ein weißes T-Shirt. „Das ist so
Mode unter den jungen Züchtern“, weiß
der Qualitätskontrolleur. Und bei inter-
nationalen Bewerben sei weiße Kleidung
ohnehin Pflicht. Ob ein Tier nervös ist oder
nicht, spielt auch im Bewerb eine Rolle.
So manche hat ihr ungestümes Verhalten
schon den Sieg gekostet. „Wenn eine Kuh
sehr unruhig ist, ist es natürlich schwierig,
sie zu beurteilen“, meint Preisrichter Ter-
ler. Deshalb werden jene, die „Potenzial“
zeigen, schon früh für Bewerbe trainiert,
etwa indem man sie an das Am-Strick-ge-
führt-Werden gewöhnt. „Man merkt auch,
ob derjenige, der die Kuh vorführt, auch der
ist, der sich sonst um sie kümmert“, berich-
tet Schwemberger.
Tricksen bei der Optik
Bei der Optik helfen die Züchter hier und da
ein bisschen mit „Make-up-Tricks“ nach.
Da wird schon einmal ein Euter mit Baby-
öl eingeölt, damit es schön glänzt, werden
die Haare der Rückenpartie toupiert und
mit Haarspray in einer Linie fixiert – und
immer und immer wieder wird das Fell
geputzt. Ein Wettbewerb mit über hundert
Kühen kann sich schon einige Stunden hin-
ziehen, da spielt auch der Verdauungstrakt
der Nervenstärksten nicht mit.
Als Gilberta die Schauarena betritt, ist
die Unruhe verschwunden. Ruhig lässt sie
sich führen. „Es ist wichtig, dass die Kühe
so präsentiert werden, dass ihre Vorzüge
zur Geltung kommen und die Schwächen
nicht auffallen“, meint Schwemberger.
Gilberta schafft es in ihrer Klasse auf
Platz zwei. Der Sieg geht an Paulina. Aus-
schlaggebendwarwieder einmal dasEuter.
© michael Rathmayr (alle)
Bei derOptikhelfendieZüchterhierund
da einbisschennach. Dawird schonein-
mal einEutermitBabyöl eingeölt,wer-
dendieHaarederRückenpartie toupiert
undmitHaarsprayfixiert –und immer
und immerwiederwirddasFell geputzt.
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