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„Popularität war nie mein Ziel“
Hermann Maier ist Skistar, obwohl er beruflich nicht mehr auf den Brettern steht, seit kurzem
Südpolbezwinger und Raiffeisen-Werbeikone. Für das Raiffeisen Magazin hat er sich die Zeit
genommen und einige Fragen rund um seine große Karriere beantwortet.
Text: Matthias Krapf
H
errMaier, bei denerstenOlym-
pischenJugend-Winterspielen
in Innsbruck startenkommendes
Jahr 14- bis 18-Jährige.Welchen
Zugang hatten Sie in diesemAlter zum
Leistungssport?
Hermann Maier:
Ich hatte einen
Traum. Seit ich mit acht Jahren den Olym-
piasieg von Leonhard Stock in Lake Pla-
cid verfolgt habe, träumte ich davon, auch
einmal eine Goldmedaille bei den Winter-
spielen zu gewinnen. Dieses Ziel habe ich
seitdem verfolgt. Und es schließlich – auf
Umwegen – auch erreicht.
Hätten Sie damals jemandem, der ihnen
Ihre große Karriere vorhergesagt hätte,
geglaubt?
Als Bub vielleicht schon, später bestimmt
nicht mehr. Ich habe in meiner Karriere
sicherlich mehr erreicht, als man es sich
jemals hätte ausdenken können. Und wenn
jemand so etwas prophezeit hätte – wer
weiß, wo der gelandet wäre ...
Welcher Titel bedeutet für Sie heute am
meisten?
Es ist schwierig, einen bestimmten heraus-
zuheben. Jeder Erfolg hatte seine eigene
Geschichte, ob der erste im Super G in Gar-
misch 1997, die beiden Goldenen nach dem
Sturz in Nagano 1998 oder die WM-Titel
1999. Ganz speziell waren sicherlich auch
der Sieg in Kitzbühel 2003 nach dem Mo-
torradunfall, der Gesamtweltcupsieg 2004,
mit dem kein Mensch mehr gerechnet hat,
oder der Weltmeistertitel 2005 in Bormio.
Einige Ihrer Raiffeisen-Werbespots genie-
ßen Kultstatus. Haben Sie einen Favoriten?
Es gibt in der Zwischenzeit soviele, dass
ich mich ehrlich gesagt ein bisserl schwer
tue, einen Favoriten zu nennen. Allerdings
muss ich sagen, dass mir der Minigolfspot
nach wie vor sehr gut gefällt. Und natür-
lich sind auch die neuesten Spots ganz gut
gelungen. Der Aufwand war recht groß, auf
demGletscher in Island. Das Ergebnis kann
sich aber, glaube ich, sehen lassen.
Nach welchen Kriterien bemisst sich für
einen Ex-Sportprofi der Erfolg, wenn man
nicht mehr an Rennen teilnimmt?
Es geht eigentlich immer wieder darum,
Ziele, die man sich steckt, zu erreichen.
Das müssen keine gewaltigen sein, oft sind
es auch nur kleine, ganz unspektakuläre
Schritte. Wichtig finde ich, dass man einen
einmal eingeschlagenen Weg konsequent
verfolgt und versucht, in seinem Rahmen
das Optimum herauszuholen.
Welche Ziele haben Sie sich für die nächste
Zeit gesteckt?
Nichts Großartiges und in nächster Zeit
nichts, das man in den Medien wird ver-
folgen können. Ein Ziel ist sicherlich, Zeit
für alltägliche Dinge zu haben und sie zu
genießen.
Haben Sie Gefallen amAbenteurertum
gefunden?
Die Expedition zum Südpol war etwas ganz
Besonderes, das zwar mitunter sehr be-
schwerlichwar, viel beschwerlicher, als wir
uns das alle vorher ausgemalt haben. Es hat
aber die einzigartigen Eindrücke und Er-
lebnisse gebracht, die ich mir erhofft habe.
Sicherlich ist da auch eine gewisse Lust
entstanden, so etwas in der Art wieder zu
machen. Was das genau sein wird, kann ich
jetzt aber noch nicht sagen.
Verstehen Sie Sportler, die nach einigen
Jahren ein Comeback wagen, wie Michael
Schumacher oder Thomas Muster?
Jeder muss das selber entscheiden und
tun, was er für richtig hält. Für meinen
Teil schließe ich – obwohl man niemals nie
sagen sollte – zum jetzigen Zeitpunkt ein
Comeback aus. Es ist zwar schwer, völlig
verschiedene Sportarten miteinander zu
vergleichen. Allerdings wäre so ein Come-
back im alpinen Skisport mit einem unge-
heuren Aufwand verbunden, sowohl kör-
perlich als auch was das Material betrifft.
Diesen Aufwand – und auch das damit
verbundene Risiko – halte ich für ungleich
größer als beispielsweise imTennis oder in
der Formel 1.
Wie haben Sie sich in Ihrer aktiven Zeit mo-
tiviert und wie motivieren Sie sich heute?
Es geht wie schon gesagt darum, sich Ziele
zu setzen und zu versuchen, sie schrittwei-
se zu erreichen. Als Sportler geht einem
das mit der Zeit in Fleisch und Blut über,
die Motivation kommt dadurch eigentlich
automatisch. Und von dieser Einstellung
profitiert man sicherlich auch noch über die
sportliche Karriere hinaus.
Genießen Sie Ihre anhaltende Popularität?
Popularität war nie ein Ziel von mir. Ich
habemich aufs Skifahren konzentriert. Das
ganze Drumherum war mir eigentlich nie
so wichtig. Man lernt zwar im Lauf der Zeit
damit umzugehen. Mittlerweile weiß ich
aber auch, dass der Verlust der Anonymität
der höchste Preis ist, den man für Erfolge
bezahlt.
Wie und wo entspannen Sie?
Ich suche die Einsamkeit und Abgeschie-
denheit. Und die finde ich am besten in der
Natur, die ich sehr genieße. ImWinter habe
ich sehr viele Skitouren gemacht. Und da
bin ich oft aufgestiegen, wenn alle anderen
schonwieder imTal waren. Das ist fürmich
die beste Möglichkeit zu entspannen.
Vielen Dank für das Gespräch.
„Wichtig finde ich, dass man einen
einmal eingeschlagenenWeg
konsequent verfolgt und versucht,
in seinemRahmen das Optimum
herauszuholen.“
Zur Person
Auch ohne österreichische Brille darf man
Hermann Maier (38)
als einen der besten Skifahrer
aller Zeiten bezeichnen: 54 Weltcupsiege, zwei Gold-
medaillen bei Olympia, drei WM-Titel, vier Gesamtwelt-
cupsiege sprechen eine klare Sprache. Dabei war Maier,
der über Umwege in den Weltcupzirkus fand, auch
mit großen Rückschlägen konfrontiert. Sein schwerer
Motorradunfall 2001 hätte beinahe das Karriereende
bedeutet. Der Flachauer kämpfte sich zurück und feier-
te ein fulminantes Comeback. 2009 verkündete Maier
unter Tränen seinen Abschied vom aktiven Skisport.
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