Seite 3 - Raiffeisen kompakt 0111

Basic HTML-Version

Wirtschaftsinformation der Tiroler Raiffeisenbanken
Raiffeisen kompakt 01/2011
Wie Unternehmer Risken absichern
Tirols Unternehmer leisten großartige Arbeit im täglichen Wettbewerb. Was darüber aber oft vernachlässigt wird, ist die Absicherung
gegen existenzgefährdende Risken im betrieblichen Alltag. Christine Weixler, Firmenkunden-Direktorin der Raiffeisen-Landesbank Tirol AG,
und Hanspeter Bachler, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Kitzbühel, zeigen, wie Unternehmer sich zu ihrem Vorteil absichern können.
I
nderBevölkerunggibt es zwar einsehr
starkesBewusstsein für dieNotwen-
digkeit derAltersvorsorge.Wie sieht
es abermit demBewusstseinderTiro-
lerUnternehmer aus, was betrieblicheRisken
betrifft? Ist es ausreichendvorhanden?
Weixler: Grundsätzlich steigt der Stellenwert
des Themas Risikovorsorge, aber es bedarf si-
cherlich noch vieler Aufklärungsarbeit. Vor
allem Kleinunternehmer und Jungunterneh-
mer sind hier noch nicht so gefestigt. Da ist
es immer noch wichtig, diese Themen anzu-
schneiden. Dennwenn das Risiko vomUnter-
nehmer selbst professionell gemanagt wird,
hat das wesentliche Auswirkungen auf die
Kreditwürdigkeit. Und zweitens bekommt
auch der Unternehmer selbst eine ganz an-
dere Sicht, wenn er sagt: Ich mache nicht nur
einen klassischen Businessplan und küm-
mere mich um Kunden, Lieferanten und Mit-
arbeiter, sondern füge alles zusammen und
schaue: Wo könnte etwas passieren, wo muss
ich aufpassen?
WerdendanochvieleFehler gemacht, die
sich fatal auswirken?
Bachler: Ja, das sieht man immer wieder. Spe-
ziell imklein- undmittelbetrieblichen Bereich
wird das Risiko oft nicht berücksichtigt. Das
betrifft vor allem die Unternehmensnachfol-
ge, wo der Seniorunternehmer nicht darauf
geschaut hat: Was gibt es an Lasten für den
Nachfolger?Da istmanalsBank gefordert, Un-
ternehmen zu begleiten und zu erklären, wel-
che Maßnahmen bisher verabsäumt worden
sind. Und generell zum Vorsorgebewusstsein:
Ich glaube, das Motto „Spare in der Zeit, dann
hast du inderNot“ ist oft nichtmehr sehr stark
bei Jungunternehmernverankert: dassman in
gutenZeiten vorsorgt, umin schlechtenZeiten
durchtauchenzukönnen.
Hat hier dieWirtschaftskrisenicht ein
Umdenkenbewirkt?
Weixler:Doch, bei kleinerenUnternehmenzei-
gen sich schon Auswirkungen – etwas verspä-
tet, wie ich auch der Meinung bin, dass für die
Kleinunternehmen die Krise noch nicht voll
überstanden ist. Forderungsausfälle, gestri-
cheneAufträge, Einbußen imExport habendie
Unternehmen teilweise auf dem falschen Fuß
erwischt. Aber auch die Versicherer sind zum
Teil in eine schwierige Situation geraten. Wir
hoffen, dass das Risikobewusstsein deshalb
jetzt größer ist und auch die Versicherer ihre
HausaufgabenerledigenundunsereUnterneh-
men stärker unterstützen.
Fehler oft existenzgefährdend.
AnwelcheRiskensolltederKleinunterneh-
mer alsodenken?
Weixler: Das größteRisiko ist er selbst – impo-
sitiven wie im negativen Sinn. Seine Arbeits-
kraft, seine geistige Anwesenheit, seine En-
ergie im Unternehmen sind ganz wesentlich.
Gerade inKlein- undMittelbetriebenkannder
Unternehmernicht einfachersetztwerden: Je-
der kann krank werden, es kann jederzeit zu
Betriebsunterbrechungen kommen. Das sind
ganz einschneidendeDinge, dabraucht esRisi-
komanagement.UnddannsolltederUnterneh-
mer alle Verträge, die er abschließt, genau an-
sehen: Welche Risken erwachsen daraus? Das
betrifft besonders Kreditverträge, es betrifft
aber auchdieRisiken, die sich aus der langfris­
tigenEntwicklung der Zinsenergeben.
Bachler: Wenn hier Fehler passiert sind, ist es
eben leideroft existenzgefährdend–besonders
bei Betriebsübergaben. Oft fehlen dann Rück-
stellungen fürAbfertigungen, dakannmanna-
türlich frühzeitig darauf schauen: Wie kann
ich das auslagern oder finanziell abdecken?
Natürlich hört es der Unternehmer oft nicht
gerne, dass hier Handlungsbedarf besteht,­
weil es Liquidität kostet. Dennoch wäre es
wichtig, weil die Risken teilweise sehr drama-
tisch schlagendwerden.
Es gilt also, persönlicheRiskenwieKrankheit
oderAblebenabzusichernmitUnfall- undBe-
triebsunterbrechungsversicherung. Außer-
demdasRisikoausHaftungenunddieRis-
kenderWeltwirtschaftmit ihrenZins- und
Währungsunsicherheiten?
Bachler: Wichtig ist auch, die Kompetenz von
Schlüsselarbeitskräften zu sichern. Oft ma-
chen sich gute Leute selbstständig oder gehen
eigene Wege, weil sie im Unternehmen zu we-
nig Perspektiven sehen. Das ist ein ganz ent-
scheidender Faktor. Der Unternehmer sollte
sich überlegen, wie er wichtige Mitarbeiter
bindet. Das ist noch nicht so stark verankert in
denUnternehmen. Dabei gibt es guteMöglich-
keiten: Die Pensionssituation für dieMitarbei-
ter wird in Zukunft ganz anders aussehen, da
hat der Betrieb wahrscheinlich seinen Beitrag
zu leisten.
Weixler: Gerade im Tourismus kann es sich
auszahlen, damitdaswichtigeStammpersonal
zu sichern. Da kann der Unternehmer sagen:
Gewisse Bestandteile der Pension sichern wir
für dich ab. Das ist ein Faktor, denman bei der
Förderung der Mitarbeiterqualität nicht un-
terschätzen sollte.
Bachler: Es gibt als kleines Beispiel den Fall
eines Unternehmers. Der hat zu Weihnachten
denMitarbeitern eine Zusatzpension geschenkt
–alsWeihnachtsgeschenkineinemJahr,dasgut
gelaufenist.Daswareinklassisches„Incentive“.
Unternehmerschutzpaket decktRiskenab.
BringenSiedieNotwendigkeitender
Risikovorsorge schon in IhrenKreditge-
sprächenein?
Bachler: Ja, ich glaube, man muss den Kunden
bei jeder Investition umfassend beraten und
nicht nur ein einziges Investitionsziel betrach-
tenund ganz klar darauf hinweisen:Wiewillst
dumit diesen und jenenRisken umgehen?Wie
schaut dein „Plan B“ aus? Da werden dann al-
le Szenarien durchgespielt, wird auch gefragt:
Was ist, wenndueinmal nichtmehr bist?
Weixler: Deswegen haben wir gemeinsam in
der Raiffeisen-Bankengruppe Tirol gerade für
Kleinunternehmer und Jungunternehmer ein
Versicherungsbündel entworfen, das demKre-
ditnehmer gleich zum Beginn des Kreditver-
hältnisses alle Risiko-Aspekte abdeckt: das
„Unternehmerschutzpaket“. Der Vorteil dabei
ist auch, dass er sich nicht um jeden Aspekt
selbst kümmern muss. Ein Jungunternehmer
hat viele Dinge zu tun und ist für alles zustän-
dig. Mit diesem Bündel ist er wirklich gut un-
terstützt, unddas für relativwenigGeld. Er hat
einen einzigen Ansprechpartner und hat alle
wesentlichen Risken abgedeckt: vom Ableben,
einem kleinen Teil auch Erleben, Unfall, Be-
triebsunterbrechung. Das hilft ihm nicht nur,
die Risken abzudecken, sondern bringt ihm
auch den Komfort. Er kann sich dann voll auf
seineKernaufgabenkonzentrieren.
Absicherung statt Spekulation.
Undwie sichert er sichgegen internationale
Riskenaus derWeltwirtschaft ab, z. B. gegen
steigendeKreditzinsen?
Bachler: Dafür haben wir wieder einen Zins-
cap-Optionsscheinentwickelt.Mankannauch
bestehende Kredite damit absichern, das ist
immer eine Überlegung wert. Nimmt man ei-
ne Versicherungsprämie in die Hand, ist das
natürlich immer individuell zuentscheiden. Es
kommtdarauf an:WelcheZinsmeinunghatder
Unternehmer? Wichtig ist: Das Ganze ist bei
uns wirklich ein Absicherungs- und nicht ein
Spekulationsprodukt, mit dem man vielleicht
auch einen Gewinn machen kann. Das muss
manganz klar festhalten.
AndereFinanzanbieter bewerben
solcheZins­caps durchaus auchals
Spe­kulationsinstrumente.
Weixler: Genau das ist es, worin wir uns un-
terscheiden. Unser Bereich ist der Bereich
der Klein- und Mittelbetriebe. Da gehen
wir davon aus, dass ein Unternehmer nicht
„Banker“ und „Spekulant“ sein sollte. Wir
unterstützen ihn und federn seine Risken
ab, aber wir glauben: Es macht keinen Sinn,
einem kleinen Unternehmer irgendwelche
derivativen Instrumente einzureden. Das
entspricht nicht seiner Bedürfnislage. Des-
halb ist unsere Zins-Optionsschein klar und
einfach wie ein langfristiges Wertpapier zu
sehen. Auch wenn es viele nicht glauben,
aber es ist doch so, dass man vernünftiger-
weise sagen muss: Wenn du eine Kreditver-
einbarung über zehn, 20 Jahre abgeschlos-
sen hast, kannst du nicht davon ausgehen,
dass die Bedingungen die gleichen bleiben.
Wie weit hast du dieses Risiko imGriff?
Wir stellen solche Überlegungen in den
Mittelpunkt, nicht die Spekulation. Wich-
tig ist uns, dass unser Kunde Kalkulierbar-
keit bekommt. Das ist für Kleinunternehmer
ein wesentlicher Faktor. Großunternehmer
haben entsprechende Mitarbeiter und Spe-
zialisten, die in der Lage sind, mit deriva-
tiven Instrumenten umzugehen, bei denen
es durchaus auch spekulative Elemente gibt.
Wir haben hier eine andere Aufgabenstel-
lung: Raiffeisen steht nahe beim Kunden
und hilft ihm, seine Risken abzusichern …
Bachler: … die sonst unter Umständen exis­
tenzgefährdendwerden könnten.
Weixler: Wir gehen offen mit diesen Risken
um. Das ist nicht immer das Einfachste, aber
ich glaube, das ist die ehrlichere Art und für
den Kunden langfristig gesehen auf alle Fälle
der bessere Weg. Alles immer unter den Tep-
pich zu kehren, ist nicht unsere Art.
Bachler: Das ist auch das, was eine langfris­
tige Partnerschaft ausmacht. Da gibt es auch
Phasen der großen Harmonie, und dann gibt
es Phasen, wo diese Harmonie strapaziert
werden muss mit Konfliktlösungsbereit-
schaft, umdanachwieder in dieHarmonie zu
kommen.
Weixler: Wir sind in der Region verankert,
wir kennenunsereKunden.Wir könnennicht
wie eine Großbank sagen: Mich interessieren
die Marktanteile in einer Region und wenn
es nicht klappt, ziehe ich mich nach drei Jah-
ren wieder zurück. Das wollen wir nicht. Wir
können und wollen uns mit unseren Kunden
keine kurzfristigen Abenteuer leisten, wir
bleiben langfristig verantwortungsbewusst.
VielenDank für das Gespräch.
BetrieblicheRisken
Kleinunternehmer sollten auf vielfältige
Risikofälle vorbereitet sein:
• Ausfall des Unternehmers
infolge von Krankheit
• Unfall des Unternehmers
• Ableben
• Ausfall von wichtigenMitarbeitern
durch Kündigung
• Ausfall vonForderungen
gegenüberKunden
• Teure Haftungen aus
abgeschlossenen Verträgen
• Abfertigungsansprüche
• Währungsänderungen
• Steigende Zinsen
„Betriebliche Risken nicht
abzusichern kann leider
oft existenzgefährdend
sein. Die Tiroler Raiff­
eisen­banken unterstützen
den Unternehmer, dass
es erst gar nicht so weit
kommt.“
Hanspeter Bachler
Geschäftsleiter der
Raiffeisenbank Kitzbühel
Christine Weixler, Firmenkunden-Direktorin
der Raiffeisen-Landesbank Tirol AG,
und Hanspeter Bachler, Geschäftsleiter
der RaiffeisenBank Kitzbühel.
© gerhard berger