Seite 18-19 - RLB Geschäftsbericht 2009

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Gesamtwirtschaftliche Entwicklung 2009
Bankenrettungspläne, Konjunktur-
programme und eine expansive
Geldpolitik der Notenbanken
Das Jahr 2009 startete mit pessimistischen Erwartungen. Nach
der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im Sep-
tember 2008 wurde rasch klar, dass die bis dahin hauptsächlich
auf den Finanzsektor konzentrierte Krise auch ein Problem der
Realwirtschaft ist. Zu Beginn des Jahres 2009 wurde von vielen
Beobachtern sogar eine weltweite Depression, wie zuletzt in den
30er-Jahren, durchaus für möglich gehalten. Um das Abgleiten
der Weltwirtschaft in eine deflatorische Abwärtsspirale zu verhin-
dern, unternahmen Regierungen und Notenbanken beispiellose
Anstrengungen. So unterstützten zahlreiche westliche Regierun-
gen durch Bankenrettungspläne und Konjunkturprogramme in
bislang unbekanntem Umfang die Gesamtwirtschaftsentwick-
lung. Flankiert wurden diese Maßnahmen durch eine expan-
sive Geldpolitik der Notenbanken. Neben historisch niedrigen
Leitzinsen – in den USA wurde sogar eine Nullzinspolitik einge-
schlagen – versorgten die Zentralbanken die Kapitalmärkte mit
der notwendigen Liquidität. Die durchgeführten Maßnahmen
zur Stabilisierung von Konjunktur und Kapitalmärkten zeigten
Wirkung. So waren zwar in vielen westlichen Volkswirtschaften
die ersten drei Monate 2009 noch sehr schwach, doch bereits im
zweiten Quartal war eine Trendwende zu erkennen.
Wirtschaftlich schwächstes Jahr
seit dem Zweiten Weltkrieg
Zur Jahresmitte gab es dann sowohl in den USA als auch in der
Eurozone Anzeichen, die das Ende der Rezession andeuteten.
Freilich gilt dies nur im Quartalsvergleich. Gesehen auf die
Gesamtjahresentwicklung wird das Jahr 2009 in die Geschichte
eingehen als eines der wirtschaftlich schwächsten seit Ende
des Zweiten Weltkriegs. Für 2009 schätzen Experten die BIP-
Schrumpfungsrate in den USA auf ca. 2,5 % und etwa auf 4,0 %
für die Eurozone. In Österreich dürfte sich für das Gesamtjahr
2009 gegenüber 2008 ein Minus von ca. 3,6 % ergeben. Vor
allem die Aktienmärkte reagierten auf die unerwartet schnelle
konjunkturelle Stabilisierung mit einem scharfen Turnaround ab
März 2009. Euro-Staatsanleihen blieben dagegen im gesam-
ten Jahr eher orientierungslos. Der Eurobondmarkt tendierte
zunächst relativ schwach, weil erste Inflationssorgen aufkeimten.
Dementsprechend kletterten die Renditen. In der zweiten Jahres-
hälfte beruhigten sich die Bondmärkte dann wieder, so lag die
Rendite der 10-jährigen Euro-Benchmarkanleihe am Ende des
Jahres nur unwesentlich über ihrem Niveau vom Jahresanfang.
Bei den Anlegern besonders gefragt waren Unternehmensanlei-
hen sowohl im Investmentgrade als auch im HighYield-Bereich.
Auch Rohstoffe feierten 2009 ein Comeback. Der Preis für eine
Feinunze Gold erreichte dabei mit US$ 1226,-- den höchsten
Stand aller Zeiten.
Die Aktienmärkte setzen auf das
Prinzip Hoffnung – Ausblick 2010
Auf keinem Anlagemarkt war das Wechselbad der Gefühle in den
zurückliegenden 12 Monaten so augenfällig wie an den Aktien-
märkten. Bis zu den Jahrestiefstständen Mitte März überwog
der große Konjunkturpessimismus unter den Anlegern. Die
wichtigsten Aktienindizes büßten daher in den ersten Mona-
ten noch einmal 20–25 % gegenüber den ohnehin schon stark
gedrückten Kursniveaus vom Jahresanfang ein. Doch dann kam
die große Wende. Zunächst stabilisierten sich wichtige konjunk-
turelle Vorlaufindikatoren wie die US-Einkaufsmanagerindizes
oder der deutsche Ifo-Index. Dies signalisierte ein baldiges Ende
der Rezession und war zugleich Auslöser für eine Aktienrallye.
Kritische Fragen, inwieweit die beflügelten Aktienkurse den
wirtschaftlichen Realitäten entsprechen, rückten dabei vorerst in
den Hintergrund. Per Saldo kletterten die großen Aktienindizes
in 2009 zweistellig. Umgerechnet in Euro ergibt sich freilich ein
differenziertes Bild. Die europäischen Börsen schnitten besser
ab als die, die in US-Dollar oder Yen notieren. In Europa war
der ATX besonders erfolgreich, hauptsächlich wegen des zuvor
ungerechtfertigten Ausverkaufs österreichischer Titel, aber auch
aufgrund der allmählich wieder steigenden Zuversicht für Osteu-
ropa. Die Börsen in Russland und in China konnten sich im abge-
laufenen Jahr verdoppeln oder kletterten sogar darüber hinaus.
Allerdings wiesen diese Märkte im Jahr 2008 auch die stärkste
Korrektur nach unten auf, sodass selbst diese extremen Anstiege
die erlittenen Verluste nur zum Teil wettmachen konnten.
Orientierungslose Staatsanleihen,
gefragte Corporate Bonds
Nach einer beispiellosen Bondrallye im 2. Halbjahr 2008, als die
Anleger regelrecht in europäische Staatsanleihen flüchteten,
stabilisierte sich der Euro-Staatsanleihenmarkt in 2009 auf einem
relativ niedrigen Renditeniveau. Zunächst überwogen die Infla-
tionssorgen aufgrund der ungebremsten Liquiditätsversorgung
durch die Notenbanken. Die Rendite der 10-jährigen Euro-Bench-
markanleihe kletterte bis zur Jahresmitte von unter 3 % auf 3,7 %.
In der zweiten Jahreshälfte setzte sich dann aber die Erkenntnis
durch, dass die Teuerungsrisiken bis auf Weiteres moderat blei-
ben. Die 10-Jahres-Rendite sank bis zum Jahresende wieder auf
3,4 % und lag damit nur leicht über ihrem Niveau vom Jahresan-
fang. Der eigentliche Renner unter den Anlegern waren aber die
Unternehmensanleihen. Nach dem dramatischen Ausverkauf von
Corporate Bonds im Anschluss an die Lehman-Pleite erholte sich
dieser Markt in 2009 deutlich. Es kam zu einer regelrechten Emis-
sionsflut, weil viele Industrieunternehmen befürchteten, in eine
Kreditklemme zu geraten. Die Emissionen wurden den Unterneh-
men schließlich geradezu aus den Händen gerissen. Der Credit-
Spread, also die Zinsdifferenz zwischen Unternehmensanleihen
guter Bonität und Staatsanleihen, sank im Jahresverlauf von ca.
400 auf mittlerweile rund 140 Basispunkte. Dies ist zwar immer
noch deutlich höher als die durchschnittlich 50 Basispunkte in
den Jahren 2003 bis 2007, doch spiegelt dieser Wert die damalige
Sorglosigkeit wider, die schließlich zur Finanzkrise führte.
Österreichs
Wirtschaft
Die österreichische Wirtschaft konnte sich dem weltweiten
konjunkturellen Abwärtstrend nicht entziehen. Mit einer Schrump-
fungsrate von 3,6 % des BIP lag das Ergebnis allerdings noch
besser als der Durchschnitt in der Euro-Zone. Ab Mitte 2009
setzte allerdings, getragen von der weltweit expansiven Wirt-
schaftspolitik, eine Trendwende in der Konjunkturentwicklung
ein. Diese Erholung sollte sich auch in den kommenden Monaten
fortsetzen und für das Jahr 2010 ein Wachstum des BIP von 1,5 %
mit sich bringen.
Die internationale Wirtschaftskrise übertrug sich vor allem
durch den Einbruch des Warenexportes auf Österreich. Dieser
wies einen Rückgang von 16,8 % gegenüber dem Vorjahr auf.
Besonders deutlich rückläufig war die Ausfuhr in die neuen
EU-Länder. Auch hier zeigte sich allerdings ab Mitte des Jahres
eine Erholung, wobei diese in erster Linie durch eine stärkere
Nachfrage aus Deutschland getragen wurde. Dramatisch zeigte
sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Zwar stabilisierten Konjunk-
turpakete, die staatlich geförderte Kurzarbeit und Maßnahmen
für die Jugendbeschäftigung die Arbeitskräftenachfrage und
dämmten den Anstieg der Arbeitslosigkeit ein. Doch gingen seit
dem Höchststand der Beschäftigung Mitte 2008 saisonbereinigt
56.000 Arbeitsplätze verloren. Die Arbeitslosenrate stieg dadurch
auf 7,1 %. Dieser negative Trend auf dem Arbeitsmarkt wird sich
auch 2010 fortsetzen. Positive Auswirkungen hingegen hatte die
Wirtschaftskrise auf die Inflationsrate, die mit 0,5 % einen histo-
risch tiefen Wert aufwies.