Raiffeisen KOMPAKT 02 | 2025

32 lötzlich ging alles sehr schnell. Schon kurz nach ihrem Hearing im Jänner dieses Jahres, sie saß bereits im Zug in Richtung Nürnberg, wo die gebürtige Heilbronnerin seit vielen Jahren lebte, kam der Anruf der RLB. Sie habe sofort und instinktiv Ja gesagt, erinnert sich Fatma Cömert. „Erst beim Aussteigen dachte ich mir: Was hast du da grad gemacht?“ Aber es sei die grundrichtige Entscheidung ge- wesen, strahlt die 52-Jährige übers ganze Gesicht. „Ich habe sofort gespürt: Das passt. Die leben jene Werte, die mir selbst auch wichtig sind – nämlich Fairness und Menschlichkeit.“ AUF HINTERGRUND VERGESSEN — Trotzdem war das Ankommen in Tirol erst mal mit Hürden verbunden, um die sie aufgrund ihrer Herkunft und ihres Lebensweges natürlich wusste. „Aber so seltsam es klingen mag, ich hatte auf meinen migrantischen Hintergrund vergessen“, erzählt sie uns mit geradezu entwaffnender Offenheit. Also musste sie die ersten Monate mehr oder minder aus dem Koffer leben, denn die Wohnungssuche entpuppte sich als weitaus schwieriger als zunächst gedacht. Irgendwann habe sie einfach ihre Assistentin vorgeschickt, um zumindest mal einen Besichtigungstermin zu erhalten. UNGEWOHNTE HERZLICHKEIT — Mittlerweile hat Cömert ihre Traumwohnung im Stubaital gefunden und eine wunderbare Vermieterin, die sie nach der Vertragsunterzeichnung spontan umarmt habe. Diese Wärme, Nähe und Herzlichkeit habe sie durchaus überrascht, gesteht Cömert. „Das kenne ich sonst nur von meiner Ursprungsfamilie.“ Der anfänglich erlebte Migrations-Backlash habe sie jedenfalls nicht davon abgehalten, Tirol zu mögen, zumal sie im Job und bei Raiffeisen vom ersten Tag an mit unglaublicher Offenheit und Professionalität aufgenommen worden sei. BREITE LEADERSHIP-ERFAHRUNG — Als dienstleistungserfahrene Generalistin, die sie immer schon gewesen sei, hätte sie der vielfältige Aufgabenbereich des Raiffeisen Service Center (RSC) Tirol sofort angesprochen. Das Bankbusiness war ihr außerdem nicht fremd, hat sie doch zu Beginn ihrer Karriere einige Jahre bei der TeamBank gearbeitet. Durch ihre verschiedenen Stationen in so unterschiedlichen Branchen wie Automobilzulieferindustrie und Medizintechnik – und zuletzt als CEO einer renommierten Nürnberger Zahnklinik – bringt die neue Vorstandsvorsitzende des RSC Tirol zudem einen beeindruckend weiten Erfahrungs- und Leadership-Horizont mit. „Ich denke, der war letztlich auch ausschlaggebend für die Zusage.“ WIDERSTAND ALS ANSPORN — Dass sich ein so traditions- und wertebewusstes Unternehmen wie Raiffeisen für sie entschieden habe, habe ihr sehr imponiert: „Das war mutig – und entspricht auch meinem eigenen Selbstverständnis.“ Widerstand habe sie immer schon angespornt. Anders wäre ihre erstaunliche Karriere, die sie über den zweiten Bildungsweg in relativ kurzer Zeit bis ins C-LevelManagement führte, gar nicht möglich gewesen. Denn Cömerts Ausgangsbedingungen waren alles andere als ideal: Als Gastarbeiterkind – Integration war damals noch kein wirkliches Thema – schickte man die Tochter kurdischer Aleviten zunächst in eine rein türkische Volksschule und trotz Einser-Schnitt durfte sie hinterher nur in die Hauptschule. IMMER OFFEN FÜR VERÄNDERUNG — Trotz aller Hürden habe es das Leben immer gut mit ihr gemeint, ist Cömert überzeugt. „Ich bin stets auf Menschen getroffen, die mich gefördert und gefordert haben. Schon im ersten Lehrjahr als Industriekauffrau gab ihr der Chef freiwillig das Dreifache des vorgeschriebenen Lehrlingsgehalts, und in ihrem ersten Job nach dem absolvierten BWL-Studium wurde sie binnen kürzester Zeit ins Managementförderprogramm des Konzerns aufgenommen. Genau deshalb sei es ihr als Führungskraft so wichtig, Menschen zu entwickeln und zu begleiten. „Wir wollen hier im RSC natürlich wachsen, aber wenn du die Menschen nicht verstehst, nicht auf sie zugehst und nicht klar und offen kommunizierst, kannst du nichts bewegen.“ Das gelte auch für das wichtige Thema Diversität: „Vielfältige Erfahrungen und Hintergründe machen Teams bunter, lebendiger und resilienter, aber das muss man auch selbst mit Herzblut und Überzeugung vorleben.“| P Seit April ist Fatma Cömert die neue Vorstandsvorsitzende des Raiffeisen Service Center Tirol, das als Tochter der RLB Tirol Backoffice-Dienstleistungen für die Tiroler Raiffeisenbanken übernimmt. Cömert, die als Kind kurdischer Aleviten in Deutschland zur Welt kam, liebt Veränderungen – dass man sich für sie entschieden hat, findet sie mutig, weil es ein klares Bekenntnis zu mehr Diversität sei. Von Christine Frei TOP-KARRIERE TROTZ HINDERNISSEN RAIFFEISEN INSIDE – KOMPAKT 2|2025

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